„Ich mache Yoga.“ ist ein Satz, den ich des Öfteren höre. Aber was ist Yoga eigentlich, und können wir es tatsächlich machen?
Viele kennen im Yoga die Körperübungen – Asanas. Einigen üben auch die speziellen Atemtechniken – Pranayama. Und diejenigen, die noch subtiler üben möchten, beginnen zu meditieren – Dhyana. Alle drei Teile sind wichtige Schritte auf dem achtgliedrigen Yogapfand, den Patanjali im Yogasutra beschreibt.
Der für mich wichtigste Satz dieser bedeutenden klassischen Schrift des Yoga ist jedoch folgender:
„Yoga ist der Zustand, in dem die Bewegungen des Citta (des meinenden Selbst) in eine dynamische Stille übergehen.“ (Übersetzung von R. Sriram in ‚Patanjali Das Yogasutra Von der Erkenntnis zur Befreiung‘).
Dazu eine kleine Geschichte aus der Praxis:
Eine junge Mutter erzählte mir, dass sie Schwierigkeiten mit ihrer kleinen Tochter habe. Das Mädchen verbrachte die letzten Wochen im Kindergarten, denn nach den Sommerferien sollte für sie ein neuer Lebensabschnitt, die Schulzeit beginnen.
Nun wachte die Kleine – nennen wir sie hier einmal Anna – fast jeden Morgen mit dem Satz auf:
„Ich möchte nicht in den Kindergarten.“
Die Mutter war zu dieser Zeit in einer Phase der beruflichen Neuorientierung und deshalb ganz besonders gefordert. „Und so kam es wie es kommen musste.“ meinte die angespannte Mutter mit einem leichten Anflug von Verzweiflung „Heute morgen bin ich dann ausgerastet und habe meine Tochter angeschrien. Jetzt tut es mir leid, zumal ich genau in dem Moment wusste, ich verhalte mich gerade falsch. Aber ich konnte mich einfach nicht mehr beherrschen.“
„Okay, woher weißt Du denn, dass Dein Verhalten falsch war?“
„Naja, in den Ratgeber-Büchern steht, man solle die Situation verlassen, damit es nicht eskaliert. Aber das mag meine Anna gar nicht. Wenn ich dann aus dem Raum gehe, fängt sie an zu weinen.“
„Was glaubst Du als Annas Mutter denn, warum sie anfängt zu weinen, wenn Du den Raum oder die Situation verlässt?“
„Mmm … wahrscheinlich, weil sie sich dann wirklich von mir verlassen fühlt. Ach, ich könnte schon wieder losheulen. Ich weiß einfach nicht, was ich machen soll.“
„Nun, Du könntest es mit Yoga versuchen.“
„Wie jetzt? Soll ich mit ihr den Baum oder den herabschauenden Hund üben?“
„Baum und herabschauender Hund sind Asanas. Die sind auch gut, aber die meinte ich eben gerade nicht. Ich meine Yoga, und Yoga ist vor allem eines: Das Zur-Ruhe-Kommen der Aktivitäten des Geistes bzw. der Gedanken.
Wenn Du Dir mit diesen neuen Erkenntnissen nun noch einmal die Situation von heute morgen vorstellst und Dich hinein fühlst, was könntest Du machen?“
„Okay, dann würde ich mich vielleicht nur wegdrehen und erst einmal tief durchatmen. Aber ich würde das Zimmer nicht mehr verlassen.“
„Denk an das Zimmer von Anna. Stell es Dir so genau wie möglich vor. Und dann überlege, welche weiteren Möglichkeiten es noch gibt.“
„Das Fenster! Ich könnte das Fenster öffnen und frische Luft ins Zimmer lassen. Und weil die Vögel jetzt morgens so schön singen, könnten Anna und ich ihnen zuhören. Anschließend könnten wir dann in Ruhe besprechen, wo der Schuh drückt – bei ihr, aber auch bei mir.“
„Wunderbar!“ ich konnte mir ein breites Grinsen nicht verkneifen, denn in meinen Gedanken sah ich die Beiden deutlich vor mir, wie sie morgens gemeinsam auf dem Bett von Anna sitzen, das Fenster weit geöffnet, Arm in Arm dem Vogelkonzert lauschend.
Die Asanas sind ein sehr wichtiger Teil im Yoga. Sie haben positiven Einfluss auf unseren Körper; machen uns beweglicher, flexibler und kraftvoller. Aber da gibt es noch so viel mehr. Mit Yoga lassen sich Atmung und Konzentration verbessern. Darüber hinaus kann Yoga bei unterschiedlichen Fragen zu Lösungen und Antworten führen.